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Insel-Analyse mit einer Chart

Das Verfahren der aktiven Chart-Analyse kann auf einfache und effiziente Weise um die Fähigkeit zur Insel-Analyse erweitert werden.

Bei diesem Verfahren wird nicht die Such- oder Parsingstrategie als solche modifiziert, sondern die Verarbeitungsrichtung der Parsingstrategie. Die bisherigen Beschreibungen gingen von einer Analyse aus, die sich in der Chart-Darstellung von links nach rechts vorarbeitet. Dies ist für geschriebenen Text sinnvoll, und auch für gesprochene Sprache mag es vernünftig erscheinen, da die Wörter ja in einer zeitlichen Aufeinanderfolge eingegeben werden. Allerdings ist die derzeitige Worterkennung alles andere als fehlerfrei, und erkannte Sätze weisen auch Lücken auf. Auf solchen Daten ist eine strenge Vorgehensweise von links nach rechts nur schwer möglich. Stattdessen wird die Technik der Insel-Analyse verwendet, die an einer beliebigen Stelle innerhalb eines Textes beginnen kann und sich dann in beiden Richtungen nach außen vorarbeitet. Als Startpunkte, sogenannte ,,Saatereignisse'', werden mit einer besonders hohen Qualitätsbewertung versehene Worthypothesen gewählt. Anschließend werden in einer ,,Middle-Out-Strategie'' passende an die Saatereignisse angrenzende Wort- und bereits analysierte Konstituentenhypothesen gesucht und die Inseln damit erweitert. Dieser Prozeß wird so lange fortgesetzt, bis ausreichend große Satzkonstituenten gefunden wurden.

Die primäre Verarbeitungsrichtung verläuft auch bei der Inselanalyse von links nach rechts. Diese Aufgabe erledigt die in Kapitel 2.3 bereits beschriebene selektive Bottom-Up-Analyse. Daneben wird eine neue Art von Tasks verwendet, die sogenannten Scan-Tasks. Sie sind dafür zuständig, die Insel nach links zu erweitern. Zu diesem Zweck suchen sie vom aktiven Knoten ausgehend die Chart nach links ab, bis sie einen gemäß der Grammatik zulässigen Ankerpunkt, d. h. einen ersten Ausdruck einer rechten Regelseite, gefunden haben, an dem dann eine selektive Bottom-Up-Analyse starten kann, die sich (wiederum von links nach rechts) auf die bereits bestehende Insel zubewegt.

Zur Effizienzsteigerung können zwei Tabellen benutzt werden:

  1. eine Tabelle, die zu jeder syntaktischen Kategorie diejenigen terminalen Kategorien angibt, die in irgendeiner Regel der Grammatik links von ihr auftreten können (die sogenannten linksadjazenten Kategorien)
  2. eine Tabelle, die zu jeder syntaktischen Kategorie diejenigen Regeln der Grammatik angibt, bei denen die betreffende Kategorie als erstes Element der rechten Seite auftritt (dies ist die bereits in Kapitel 2.3 beschriebene Lookup-Tabelle des Bottom-Up-Parsing)

Vorgehensweise des Scan-Tasks an einem Knoten: Zuerst wird mit der selektiven Bottom-Up-Methode nach rechts gearbeitet. Danach werden alle zur Knotenkategorie linksadjazenten terminalen Kategorien aus Tabelle 1 entnommen. Für jede in den Knoten hineingehende terminale Kante wird geprüft, ob ihre Kategorie ,, erlaubt'' ist, d. h. in Tabelle 1 vorkommt. In diesem Fall wird ein neuer Scan-Task am Startknoten dieser Kante gestartet.

Diese Vorgehensweise ist nur eine von vielen möglichen Inselanalyseverfahren. Sie hat den Vorteil, daß die Inselerweiterungen stets nur von links nach rechts durchgeführt werden, was den Programmieraufwand senkt. Der nach links gerichtete Teil der Inselanalyse dient nur dem Aufsuchen geeigneter Ankerpunkte. Die Verschmelzung von Inseln geschieht automatisch.

Des weiteren zeichnet sich diese Variante auch dadurch aus, daß sie alternierend mit der normalen, von links nach rechts gerichteten Analyse angewendet werden kann.


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