contents previous up next
Previous: Hedges Up: Linguistische Variablen Next: Inferenz

Linguistische Modellierung mit Fuzzy Mengentheorie

Trotz ihrer weiter oben angeführten Kritik bezeichnen Bandemer und Gottwald [BG93] die Verwendung linguistischer Variablen beim Entwurf von Grobmodellen, die auf Methoden der Theorie unscharfer Mengen basieren, als ein sehr vorteilhaftes Verfahren. Der Anwender muß allerdings für jeden Fall gesondert die grundlegenden Werte der linguistischen Variablen und die (nichtlogischen) Modifizierungsmöglichkeiten, falls diese überhaupt zugelassen sein sollen, festlegen. In einfacheren Modellen, in denen die linguistischen Variablen unter Umständen nur sehr wenige Werte haben, kann sogar vollständig auf diese Modifizierungsmöglichkeiten verzichtet werden. Ist sich der Anwender darüber hinaus bewußt, welche theoretischen Grenzen diesem Verfahren auferlegt sind und an welchen Stellen beim Modellentwurf nur heuristisch begründete Festlegungen getroffen wurden, kann das Modell innerhalb der Grenzen seiner Aussagefähigkeit sinnvoll genutzt werden. Gegenüber den auf klassischer Mathematik basierenden Modellen profitiert man von einer stark vereinfachten, relativ leicht überschaubaren und doch flexiblen Darstellungsweise.

Um gegen die eingangs erwähnten Schwierigkeiten der Benennung der linguistischen Variablen und der Zuordnung von unscharfen Mengen zu diesen Bezeichnern vorzugehen, stellen Eshragh und Mamdani [EM81] folgendes Verfahren der linguistischen Approximation vor, das sie in Form des Programms ,,LAM5'' verwirklicht haben:

Um eine unscharfe Menge linguistisch zu beschreiben, wird diese Menge in eine gewisse Anzahl von Teilmengen zerlegt. Jede dieser Teilmengen wird dann mit einem Bezeichner versehen, und alle diese Bezeichner werden mit ,,UND'' bzw. ,,ODER'' verbunden, was den Bezeichner der Gesamtmenge liefert.

Zu diesem Zweck wird die zu bezeichnende Menge, die sich ja in Form eines Graphen der Funktion der Zugehörigkeitsgrade darstellen läßt, an ihren Extremstellen geteilt. Dadurch zerfällt der Graph in eine Folge von Kurven, die S-Form besitzen. Um die Menge dieser Teilgraphen in einem handhabbaren Rahmen zu halten, kann vor der Zerlegung eine Kurvenglättung durchgeführt werden, die kleine Ungleichmäßigkeiten im Verlauf, die für die Bezeichnung nebensächlich sind, entfernt. Dies birgt natürlich Probleme in sich, da man sich bei sinkender Teilmengenzahl immer weiter von der Originalmenge entfernt. Approximiert man die Originalmenge aber sehr genau, entstehen u. U. sehr viele Terme, was einen langen, schwer verständlichen Bezeichner nach sich führt. Hier muß ein geeigneter Kompromiß gefunden werden. In ,,LAM5'' kann der Benutzer die Anzahl der Teilmengen selbst wählen und damit die Approximationsgenauigkeit nach Bedarf variieren.

Die Bezeichner der Teilmengen erhält man, indem man Modifikatoren auf eine kleine Menge von einfachen Mengen, die der Benutzer des Systems selbst bereitstellen muß, anwendet. Diese Bereitstellung der Grundmengen kann Probleme in sich bergen, denn eine zu geringe Anzahl dieser Mengen macht eine genaue Anpassung an die unbekannte Menge schwierig. Daher muß man für die Bereitstellung einer ausreichenden Anzahl dieser Grundmengen durch den Benutzer sorgen.

Sind alle Teilgraphen bezeichnet, verbindet man diese Bezeichner, indem man das Bindewort ,,UND'' an solchen Trennstellen, die durch ein Maximum des Graphen entstanden sind, und das Bindewort ,, ODER'' an denjenigen Trennstellen, die durch ein Minimum des Graphen entstanden sind, einfügt.

Um ein besseres Ergebnis zu erzielen, wird das Verfahren sowohl auf die zu bezeichnende Menge als auch auf deren numerische Negation angewendet. Der resultierende Bezeichner der zweiten Menge wird dann linguistisch negiert. Dies liefert häufig kürzere und prägnantere Bezeichner. Der geeignetere der beiden resultierenden Bezeichner wird dann verwendet.

Schefe [Sch81] stellt fest, daß eines der Hauptanwendungsgebiete für Fuzzy Mengentheorie die Modellierung unscharfen Schließens, ausgedrückt in natürlicher Sprache, ist. Allerdings sieht er darin das Problem, daß die Fuzzy Mengentheorie in seinen Augen nur unvollständig zur Modellierung linguistischer Wahrheitsgehalte verwendet werden kann. Besonders die Komplementbildung bringt unerwünschte Konsequenzen mit sich. Daher erachtet er es als lohnenswert, die Fuzzy Mengen ,, umzudefinieren'', um diese Schwächen zu beseitigen. Sein Lösungsvorschlag ist dabei, die Wahrscheinlichkeit der Zustimmung zu einer Aussage zu betrachten. Damit wird der Zugehörigkeitsgrad zu einem abgeleiteten Konzept.

Um eine solche ,,Aussagenwahrscheinlichkeitsmenge'' A zu erzeugen, muß man jedem Element y des Universums U ein Zustimmungsereignis zuordnen, das zu einer atomaren Aussage wie z. B. ,,tex2html_wrap_inline1328'' gehört. Diese Aussage bezeichnet Schefe als ,,atomare Zugehörigkeitsaussage''. Der Unterschied zu Zadehs Notation ist, daß Zadeh Zahlen wie z. B. x verwendet, die Zugehörigkeitsgrade zu einer bestimmten Menge unmittelbar repräsentieren, wohingegen der hier vorgestellte Ansatz unendliche Mengen wie z. B. [x] zum Repräsentieren von Zustimmungsereignissen benutzt, wobei ein Zustimmungsereignis die Aussage ,,gehört zu einer bestimmten Menge'' sein kann.


contents previous up next
Previous: Hedges Up: Linguistische Variablen Next: Inferenz